Geldpolitik : Auf der schiefen Bahn

Die EZB gerät auf die schiefe Bahn, wenn sie Länder wie Italien mit Anleihekäufen hilft. Das ist nicht ihre Aufgabe.
Vor rund einem halben Jahr haben die Ökonomen Klaus Adam und Hans Peter Grüner in der F.A.Z. vor einer unseligen Bevorzugung von Ländern mit einer hohen und fragilen Staatsverschuldung durch die EZB gewarnt. Was sie voraussagten, ist nun eingetreten: Daten aus der Wiederanlage fällig gewordener Anleihen, die von der Zentralbank ursprünglich im Rahmen ihres Hilfsprogramms gegen die Folgen der Pandemie erworben wurden, zeigen einen starken Aufbau des Bestands italienischer Papiere, während der Bestand an deutschen Anleihen abgebaut wurde. Diese Bevorzugung einzelner geschieht ohne jegliche Auflagen.
Schon seit mehreren Jahren kauft die Zentralbank die gesamte Neuverschuldung Italiens auf, weil private Anleger im In- und Ausland angesichts der niedrigen Verzinsung für Papiere mit wenig beeindruckender Bonität kein Interesse zeigen. Die zunehmend bemüht wirkenden Hinweise mancher Ökonomen auf die wegen der niedrigen Zinsen überschaubare Last der Schulden für den Staatshaushalt in Rom und die lange durchschnittliche Laufzeit der italienischen Schulden überzeugen keine privaten Investoren, die für sich oder für Kunden Geld anlegen. Damit aus ihrer Sicht Rendite und Risiko passen, müssten die Anleihen entweder höher rentieren – oder aber Italien müsste eine stärker an Wirtschaftswachstum und soliden Staatsfinanzen ausgerichtete Politik betreiben.
Solange die EZB die Zahlungsfähigkeit sichert, muss keine Regierung eine seriöse Politik betreiben. Gründe, warum die EZB nicht mit der Unterstützung aufhören dürfe, sind von interessierten Kreisen zu hören, zum Beispiel: Während des Ukrainekrieges dürfe der Westen keine Schwäche zeigen. Oder: Ein Ende der EZB-Unterstützung führe im Herbst zu einer rechtsradikalen Regierung.
Was immer man von diesen Gründen halten mag: Sie haben nichts mit Geldpolitik zu tun. Die EZB wird von kaltblütigen Politikern missbraucht, die vor allem ihr Eigeninteresse treibt. Aber die EZB lässt sich auch zu leicht missbrauchen. Immer weiter gerät sie auf die schiefe Bahn. Allein eine enge Auslegung ihres Mandats kann ihr einen Halt geben.